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Renaissance textbasierter Inhalte – dank KI?

Schön, dass Sie da sind! Und dass Sie sich freiwillig das Lesen dieser hingeschriebenen Zeilen antun. Wo wir doch die vergangenen Jahre in einer Welt gelebt haben, die zunehmend von Bildern (Instagram & Co.), Videos (TikTok, YouTube) und Sprachnachrichten/Audio (WhatsApp, Podcasts etc.) dominiert wurde. Ich gebe unumwunden zu: Auch ich habe in den vergangenen Jahren zu allen IK-Profis gepredigt: Setzt auf Formate jenseits des Fließtexts… wegen des veränderten Mediennutzungsverhaltens der Menschen in sämtlichen Altersklassen, wegen des fortwährenden Siegeszugs mobiler Endgeräte.

Doch mit dem Aufkommen von Künstlicher Intelligenz – allen voran textbasierten Sprachmodellen wie ChatGPT, Copilot und Konsorten – stellt sich überraschend die Frage:Erleben wir gerade eine Renaissance des Lesens? Steigt die Relevanz textbasierter Kommunikation wieder an? Kehren wir zu alten, schriftlichen Formaten zurück?

 

Lesen im KI-Zeitalter – eine neue „neue“ Kulturtechnik?

Künstliche Intelligenz hat in den vergangenen Jahren viele Lebensbereiche verändert – auch die Art, wie wir mit Texten und Inhalten umgehen. Während uns z. B. die klassische Intranet-Suche zu mehr oder weniger gepflegten oder „schönen“ Seiten/Inhalte/Dokumenten o. Ä. führt, treten immer mehr Menschen heute direkt in den Dialog mit einem KI-System (und begnügen sich dabei mit tristen, trockenen, reizlosen Eingabemasken). Und dieser Dialog ist zu 100 Prozent textbasiert: Wir formulieren Fragen schriftlich und erhalten schriftliche Antworten.

Allein diese Tatsache hat dazu geführt, dass Millionen Menschen weltweit wieder täglich lesen und schreiben, oft in einer Tiefe und Regelmäßigkeit, wie sie zuletzt vielleicht in der Schulzeit gefordert war.

 

KI als Zugang zu komplexen Inhalten

KI-Sprachmodelle sind auch Übersetzer zwischen Welten: Sie machen komplexe Fachtexte verständlich, erklären abstrakten Unternehmens- und Business-Sprech in Alltagssprache und fassen seitenlange Berichte in wenigen Absätzen zusammen. Das führt dazu, dass sich viele Menschen mit Inhalten beschäftigen, die ihnen früher unzugänglich oder zu abschreckend erschienen.

Der Zugang zu geschriebenem Wissen war nie so niedrigschwellig und nie so personalisiert. Wer will, kann sich die Digital- oder Nachhaltigkeits-Strategie seines Arbeitgebers wie ein Liebeslied oder wie einen Krimi erläutern lassen. Ich gebe zu: Solche „Spielereien“ können tatsächlich zum Weiterlesen motivieren und Neugierde auf das Befassen mit „sperrigen“ Themen erzeugen.

 

Vom tiefen Lesen zur schnellen Antwort

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Denn während KI Menschen mit Texten in Kontakt bringt, ersetzt sie auch viele klassische Leseerfahrungen: Warum ein Whitepaper lesen, wenn die KI die Zusammenfassung liefert? Warum einen Intranet-Artikel durchgehen, wenn man sich die Kernaussagen in Stichpunkten generieren lassen kann?

Diese Nutzung kann dazu führen, dass wir Inhalte zwar „konsumieren“, aber nicht mehr wirklich lesen – also nicht mehr verweilen, reflektieren, hinterfragen. Lesen wird zu einem Mittel zum Zweck, nicht mehr zum Selbstzweck.

 

Zwischen Renaissance und Reduktion

Was also ist die Wahrheit? Führt KI zu einer Renaissance des Lesens und steigender Bedeutung von textbasiertem Content oder zu seiner Reduktion?
Ich glaube, die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen:

  • Ja, KI bringt viele Menschen wieder in Kontakt mit geschriebenen Inhalten – oft sogar mit mehr Interesse als je zuvor. Mehr Beschäftigung mit geschriebenen Inhalten?Ja, durchaus.
  • Aber: Die Art und Weise des Lesens verändert sich. Sie wird oft schneller, oberflächlicher, zweckorientierter. Wenn gemeint ist: intensives, vertieftes Lesen und Reflektieren, dann nicht unbedingt (vielleicht sogar eher das Gegenteil).

Die große Herausforderung liegt nun darin, das Potenzial von KI als Türöffner zu nutzen – ohne das tiefe, kritische und kreative Lesen zu verlieren. KI macht geschriebenen Content wieder relevanter, aber auf neuartige Weise. Ob daraus eine echte Renaissance wird, hängt davon ab, wie bewusst wir mit dieser Technologie umgehen werden. Ich jedenfalls bin weiter gespannt auf die Zukunft!

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