Die Generation Z rückt ins Arbeitsleben auf und im Gegensatz zu vorherigen Jahrgängen sind sie nicht dankbar, dass die Digitalisierung ihr Leben erleichtert, sondern empfinden es als selbstverständlich.
Wie sollten Arbeitgeber mit der „Jugend von heute“ umgehen und wie unterstützen UX und Usability Methoden bei dieser Herausforderung?
Zwei Szenarien im selben Arbeitsumfeld
Ein Fallbeispiel: Ein Stakeholder, verantwortlich für die Modernisierung eines digitalen Arbeitsplatzes, begibt sich z. B. in diverse Workshops, um Maßnahmen zu definieren, die bei der Einführung des neuen Intranets durchgeführt werden sollen. Dazu gehört natürlich alles, was die Technik betrifft: Installation, Infrastrukturanalyse und Programmierung – ohne funktioniert das System eben nicht. Auch visuelle Anpassungen sind ein Muss. Zumindest sollten CI-Elemente des Unternehmens berücksichtigt werden, damit die Zugehörigkeit klar ersichtlich ist. Navigation und Sitemap sind ebenfalls existenziell wichtig. User Experience? Klar, für einen Online Shop wären UX-Methoden relevant, immerhin kann der Nutzer – in solch einem Fall der potenzielle Kunde – einfach wieder abspringen, wenn er schlechte Erfahrungen mit der Anwendung macht. Was aber soll ein Mitarbeiter bei einem Intranet, das ihm Schwierigkeiten bereitet, schon groß machen? Abspringen wird jedenfalls schwierig. Infolgedessen entscheidet sich der Stakeholder oft für eine Kosteneinsparung bezogen auf Maßnahmen, die die Nutzerfreundlichkeit betreffen.
Im selben Unternehmen startet aber auch ein Vertreter der berühmt berüchtigten „Jugend von heute“ – also der Generation Z, als neuer Mitarbeiter. Seit seiner Kindheit nutzt er Anwendungen, die komplett auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sind. Kommunikation mit Freunden erfolgt über Chat-Anwendungen, Informationen werden über soziale Netzwerke abgegriffen und Dateien in Cloud-Anwendungen gelagert. Sollte sich eines der genutzten Systeme nicht an seine Anforderungen anpassen, wird es kurzerhand ersetzt – Alternativen gibt es immerhin mehr als genug.
Was macht nun dieser Mitarbeiter, der mit seinen Kollegen kommunizieren muss, aber mit Hindernissen konfrontiert wird, z. B. die gesuchte Person nicht findet oder den Login nicht vollziehen kann? Alternativen hat er ja nicht, oder doch? Es gibt jedenfalls keine Alternativen innerhalb des Unternehmensportfolios. Umso bitterer ist es für das Unternehmen oder den Stakeholder, wenn der Nutzer auf inoffizielle Anwendungen zurückgreift. Business-relevante Informationen fließen dann offen und abgreifbar über Kanäle ohne ausreichende Sicherheit. Klar kann man das mit Restriktionen und Verboten versuchen zu verhindern, zum einen aber gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, dass sich daran gehalten wird und zum anderen ist das nicht die einzige Konsequenz, die sich ergibt, wenn der Mitarbeiter mit Anwendungen interagieren muss, die eine unbefriedigende Usability und User Experience aufweisen. Dadurch, dass der Mitarbeiter unzufrieden mit der Anwendung ist, die er in seiner alltäglichen Arbeit nutzen muss, verliert das Unternehmen in der subjektiven Wahrnehmung des Nutzers an Ansehen und Akzeptanz. Dies könnte er auch nach außen tragen und welches Unternehmen möchte schon gerne, dass sein Mitarbeiter in Kreisen erzählt, wie unmodern sein Arbeitgeber ist und er das Intranet dort ungerne, jedoch gezwungenermaßen benutzen muss.
Personas sind oft die Lösung
Der Stakeholder, der die Grundannahme „Mitarbeiter müssen die Anwendung, die ihnen vorgesetzt wird, so oder so nutzen“ innehat, handelt entsprechend und investiert nicht in die Optimierung von Usability und User Experience. Dabei ist das Thema UX genauso wichtig und essenziell wie Technik, Visualität und die Informationsarchitektur. Ganz besonders heute, wo die Generation Z ins Arbeitsleben aufrückt. Die Vorteile eines nutzerfreundlichen Intranets liegen auf der Hand: Mitarbeiter nutzen das Intranet gerne, intensiver, sind effizient und verbrauchen weniger Ressourcen. Dies gilt für alle Mitarbeiter und umso mehr, wie in unseren Beispielen hervorgeht, für die jüngeren. Eine erste Maßnahme könnten da z. B. Personas sein. Personas sind fiktive Personen, die oft auf Papier oder Kärtchen ausgedruckt werden und die Eigenschaften, Vorlieben und Herausforderungen einer Person wiedergeben und für alle Projektbeteiligten sicht- und greifbar machen. Auf so einer Persona könnte die Information vorhanden sein, dass der Nutzer in seinem Privatleben sehr viel mit Chat-Anwendungen interagiert. Der Analogieschluss aus dieser Erkenntnis wäre, dass das neue Intranet eine Funktion für das Schreiben von privaten Kurznachrichten bieten sollte. Dadurch kann das Unternehmen verhindern, dass der Mitarbeiter inoffizielle Kanäle nutzt. Solche Personas entstehen natürlich nicht von selbst, sondern sind das Resultat von Interviews und Beobachtungen. Aber auch das sind Methoden, die relativ einfach angewendet werden können, gerade wenn man bedenkt, dass der Mitarbeiter im eigenen Hause sitzt. In der späteren Konzeptionsphase können Usability Tests das Paket abrunden, so dass der Nutzer im gesamten Projektverlauf eingebunden ist und das Intranet nicht am Mitarbeiter – der das Ganze ja im Endeffekt nutzen soll – vorbei entwickelt wird.
Empathie ist der Schlüssel
Viele Entscheider, die bei der Einführung des Intranets und Modernisierung des digitalen Arbeitsplatzes am Hebel sitzen, haben die analoge Welt noch miterlebt und sind oft alleindeshalb schon dankbar und zufrieden, dass ihnen die Digitalisierung in vielerlei Hinsicht das Leben erleichtert. Wichtig ist, dass genau diese Entscheider genug Empathie aufbringen und verstehen, dass die kommende Generation anders funktioniert und dies auch seine Berechtigung hat. Die Bedürfnisse und Anforderungen dieser jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ernst genommen, analysiert und in der Anwendung beantwortet werden. Nur so erreicht man die Digital Natives und kann sie zufrieden stellen.