Internetvordenker prognostizieren häufig die Ablösung der Hierarchien durch eine Netzwerkorganisation. Diese Zukunftsprognose hat einen gewissen Charme, da uns Hierarchien im alltäglichen Arbeiten immer wieder stören. Bei genauerer Betrachtung kommen jedoch erhebliche Zweifel auf, da die vermeintlichen Gegensatzpaare – Hierarchie versus Netzwerk – sich mit unterschiedlichen Dingen befassen. Kurz formuliert, Hierarchien beschreiben Entscheidungskommunikation und Netzwerkorganisation normale Kommunikation bzw. Zusammenarbeit. Hört sich ähnlich an? Wo ist der genaue Unterschied?
Hierarchien legitimieren Entscheidungskommunikation
Organisationen können nur überleben, wenn sie fähig sind, Entscheidungen zu fällen. Hierarchien gewährleisten dies, da sie Entscheidungen legitimieren. Im Zweifel sagt die Vorgesetzte dem Untergebenen, wo es demnächst lang geht. Wenn eine Kultur der Mitbestimmung gepflegt wird, dann können Untergebene Entscheidungen auf oberen Ebenen beeinflussen. Verantworten müssen diese später jedoch die Entscheider selbst. Organisationen, die von sich behaupten, bei Ihnen gäbe es keine Hierarchien, pflegen auf der informellen Ebene ein fein austariertes Abstimmungssystem, um entscheidungsfähig zu bleiben. In solchen Fällen gibt es vielleicht kein Organigramm, aber alle wissen, wer am Ende die Richtung vorgibt. Dies ist eine nicht sichtbare aber bestehende Hierarchie.
Was ist neu in der Netzwerkorganisation?
Moderne Kollaborationsplattformen verändern die interne Kommunikation einer Organisation. Mitarbeiter sind nicht mehr ausschließlich Empfänger der Top-Down Kommunikation, sondern senden auch fleißig Informationen. Ihnen ist es deutlich einfacher, ein Netzwerk zu bilden und sich mit anderen Organisationsmitgliedern auszutauschen. Die Art und Weise der Kommunikation und Kollaboration ändert sich dramatisch, weshalb die entstehende Netzwerkorganisation berechtigt als Evolutionsschritt angesehen wird. Sie durchbricht Silo- und Hierarchiegrenzen. Dies bedeutet jedoch nicht die Abschaffung von Hierarchien, da Entscheidungen weiterhin getroffen werden müssen. Was sich in der modernen Arbeitswelt ändert, ist die Art und Weise, wie es zu Entscheidungen kommt. Dieser Blogbeitrag verdeutlicht anschaulich, welche Vorteile CEOs durch die Nutzung von modernen Kollaborationsplattformen bei der Entscheidungsfindung erhalten.
Hierarchie ist ungleich Netzwerkorganisation
Hierarchien bestehen auch in modernen Netzwerkorganisationen, da Entscheidungen weiterhin benötigt werden. Die Begriffe sind deshalb kein Gegensatzpaar, sondern beschreiben unterschiedliche Facetten einer Organisation, die in Beziehung zueinander stehen. Je nach Situation und Kultur der Organisation wird von Mitarbeitern instinktiv auf eine der Kommunikationsarten zurückgegriffen. Eine Idee bringt Max Müller beispielsweise über ein Ideenmanagementtool im Intranet ein, wo diese von Mitarbeitern intensiv diskutiert und für gut befunden wird. Die Chefin der Innovationsabteilung entscheidet jedoch letztlich über die Umsetzung der Idee und damit auch über die Bewilligung von Ressourcen und die Verteilung von Zuständigkeiten. Dies zeigt, die Entscheidungskommunikation ändert sich nicht, aber die Entscheidungsfindung der Chefin kann durch die neue Art und Weise der Kommunikation und Kollaboration zwischen den Hierarchien neu geregelt werden. Auf diesen Prozess sollte genauer geschaut werden, da dort viele Potenziale des Fortschritts schlummern. Der verständliche Wunsch bezüglich der Abschaffung der Hierarchien ist und bleibt dagegen Wunschdenken.