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15 minutes of fame

Teil 1: Ein kritischer Blick auf Social Medias Umgang mit Kunst

Kunst war immer schon Spiegelbild unserer gesellschaftlichen Entwicklung und eine grundlegende Form der Kommunikation. So erzählen steinzeitliche Höhlenmalereien von ausgestorbenen Arten, Hieroglyphen von mächtigen Herrschern und monumentale Bauten von unvergesslichen Zeitaltern der Menschheitsgeschichte.

Was aber bleibt von uns und an wen werden sich zukünftige Generationen erinnern?

“In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”

Vier Jahrzehnte nachdem Andy Warhol diese These des Medienphilosophen Marshall McLuhan berühmt machte, scheint sie sich nun zu bewahrheiten. Unsere Zeit der Digitalisierung bringt Fortschritt und Veränderung auch in die traditionellen Künste.

Nie zuvor war die Welt so vielseitig, aber auch schnelllebig. Was heute noch in Kennerkreisen hoch gelobt wird, kann morgen schon wieder vergessen sein. Neue Technologien erweitern das klassische Repertoire von Künstlerwerkzeugen um Grafiktablett und Computer und das Internet bietet unbegrenzte Möglichkeiten sein Können der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Wer also noch etwas erreichen will, muss mithalten können, sonst wird er womöglich vom Zahn der Zeit gebissen.

Auf unzähligen Social Media Plattformen werden tagtäglich Bücher, Fotografien, Gemälde, Illustrationen, Installationen, Designs, Grafiken, Filme, Musik und Inszenierungen einem Milliarden Publikum zum Entertainment angeboten.

Doch Kritiker schreien auf, beklagen Werteverlust und Mangel an Originalität, reden gar über den Untergang einer Elite. Ganz Unrecht haben sie nicht. So gibt es beispielsweise das Phänomen des „Fleeting Value Of Content“.

Als exzessiver Tumblr User kenne ich dieses nur zu gut. Man scrollt innerhalb von wenigen Minuten über seinen Dash, durch eine Vielzahl an Information und Bildern, sucht seine Favoriten aus, drückt „reblog“ und weiter geht’s zum nächsten Beitrag. Kaum einer nimmt sich mehr die Zeit, das Gesehene wirken zu lassen oder gar zu analysieren und interpretieren. Fast scheint der Aspekt des Aussehens wichtiger als der des Inhalts. Was auf den ersten Blick gefällt, wird für gut befunden und weitergeleitet.

Via Handyscreen und Monitor staunen wir dann flüchtig über Kunstwerke, die in Realität ganze Hauswände einnehmen und das Produkt monatelanger Arbeit sind. Pulitzer-Preis gekrönte Fotos ziehen so an uns vorbei und verschmelzen mit den aktuellsten Fashionshootings.

Die Intention des Autors verliert hier zusehends an Relevanz.  So wird eine hochwertige Arbeit binnen kurzer Zeit zehntausendfach geshared, der Name des Künstlers findet sich bestenfalls im Credit wieder (wenn überhaupt) und vorbei sind die „15 minutes of fame“.

Fehlende Qualitätskriterien tragen ihr übriges dazu bei. Es gibt keine gängigen Standartwerke mehr. Alles befindet sich im Umbruch und auf der Suche nach neuen Definitionen. Was davon übrig bleibt wird sich erst noch zeigen.

Online verschwimmen die Grenzen sehr schnell. Copyright und Ownership sind hier schon fast Fremdworte. Facebook, Flickr, Blogs & Co. erlauben jedem den Zugriff auf die kreativen Ideen anderer und schaffen damit unter anderem Platz für Wannabes, die sich mit fremden Lorbeeren schmücken wollen. Kunstfälschern wird sowohl Arbeit als auch Vertrieb ihrer Plagiate erleichtert und Diebesgut wechselte in der Vergangenheit teilweise sogar über Ebay den Besitzer.

Auch muss gesagt werden, dass durch die Masse an publizierten Medien viele Kreative sich unter Wert verkaufen. Wer jung und unerfahren ist, zieht hier schnell den Kürzeren und weiß oft nicht sich anders zu helfen, als den niedrigsten Preis für seine Arbeit zu verlangen. Die Konkurrenz auf dem Markt ist größer als je zuvor und alle wollen ihr Schaffen mit der Welt teilen.

Jeder ist heute ein „Designer“, „Fotograf“, „Regisseur“ oder „Produzent“, das Equipment erschwinglich, die Nachfrage groß. Mit einer soliden Grundausbildung sind neue Fähigkeiten schnell im Selbststudium angeeignet. „Online Tutorial“ ist dabei das Stichwort.

Man muss nicht wissen „wie“ es geht, sondern „wo“ es steht. Google ist dein Freund und Helfer. Es verlinkt zu Youtube, deviantART, Foren und anderen Seiten, auf denen User ihr Wissen bereitwillig an alle weitergeben, die es interessiert. Man vernetzt sich untereinander, tauscht Erfahrungen aus und bildet sich stetig fort.

Genau an dieser Stelle wendet sich jedoch das Blatt. Kunst bedeutet auch immer Veränderung. Dort wo Ideen aufeinandertreffen, entsteht etwas Neues.

WHERE GOOD IDEAS COME FROM by Steven Johnson

Und wer weiß, vielleicht ist „Social Media“ eines Tages auch ein Begriff der Postmoderne, als essentieller Bestandteil unserer Epoche, in der aus bildender Kunst zunehmend interaktive Kunst wurde.

Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Möglichkeiten und Vorteilen, die Social Media für Künstler mit sich bringt.

Bis dahin sei Ihnen das Projekt: PressPausePlay ans Herz gelegt. Es handelt sich hierbei um eine Dokumentation, die als freier Download zur Verfügung steht und in der unter anderem auch bekannte Größen aus Musik und Literatur ihre Gedanken zum Thema mitteilen.

PressPausePlay

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