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Was Büropräsenz mit Hegel und Feen zu tun hat – oder eben nicht

Begleitende Grafik zum Blogbeitrag "Was Büropräsenz mit Hegel und Feen zu tun hat - oder eben nicht"

Es war einmal eine Zeit, in der wussten nur wenige auf dieser Welt, dass es Coronaviren gibt. Dafür wussten damals die meisten arbeitenden Menschen, dass ihr Arbeitsplatz stets außerhalb der Wohnung lag. Später kam eine Zeit, in der Coronaviren weltweit ihr Unwesen trieben. Viele der arbeitenden Menschen gingen darum aus Infektionsschutzgründen häufig aus dem Homeoffice ihrem Job nach. Dieser von Viren erzwungene Wandel brachte den arbeitenden Menschen aus unterschiedlichen Gründen Vor- und Nachteile… Wäre dieser Text ein Märchen, käme jetzt eine Fee eingeschwebt, um die Pandemie zu beenden. Nehmen wir weiter an, die Fee hätte in der Feen-Schule etwas vom Philosophen Hegel begriffen, so würde sie aus dem alten Arbeits-Setting und der pandemiebedingten Homeoffice-Phase das Beste zum Wohle der arbeitenden Menschen synthetisieren.

Da bisher keine Fee in Erscheinung getreten ist, müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Auf zentrale Fragen zur zukünftigen Arbeitsweise haben Unternehmen, Behörden und andere Organisationen Antworten zu finden, die für alle Betroffenen einsichtig sind. Der Imperativ „Alle zurück ins Office!“ wird nicht alle überzeugen. Ein pauschaler Rückgriff auf Kategorien wie „Effizienz“ und „Effektivität“, verfängt auch nicht in jedem Ohr. Schließlich gibt es durchaus Tätigkeiten, die an einem privaten Ort effizienter und effektiver ausgeführt werden können als beispielsweise in einem Großraumbüro. Beziehen wir andere Kategorien wie „Wissenstransfer“, „Teambuilding“, „ergonomische Arbeitsplatzgestaltung“ oder „technische und technologische Ausstattung“ in unsere Überlegungen ein, wird eines offensichtlich: Die Synthese des Besten aus den Arbeitswelten vor und in der Pandemie stellt eine anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe für die Zukunft unserer Arbeit dar. Halten wir einen Moment inne und betrachten wir ganz praxisnah einige der zentralen Handlungsfelder dieser Synthese.

 

Was, wann, wie und vor allem wo?

Smarte Führungskräfte identifizieren schon jetzt bedarfsgerecht mit ihrem Team, welche Tätigkeiten besonders effizient und effektiv im Mobile Office zu erledigen sind und welche geradezu prädestiniert sind, am regulären Arbeitsplatz vollführt zu werden. Wo ist erhöhter Abstimmungsbedarf erforderlich? Wo braucht es viele Hände, um eine Aufgabe fristgerecht abzuschließen? Derartige Fragen werden in agilen Teams besprochen und beeinflussen die Büropräsenz. Je standardisierter die Arbeitsprozesse freilich sind, desto geringer ist der Abstimmungsbedarf. Doch gerade in Teams mit einem hohen Anteil an Projektarbeit kann die Frage, was wann wo wie erledigt wird, mit der Frage der Auslastung im Team verschränkt werden. Das zahlt dann wieder auf die Effizienz ein. Doch lassen wir nicht die Agilität ins Kraut schießen. Es empfiehlt sich zunächst zwei bis drei feste Präsenztage für das Team festzulegen. Die verbleibenden Tage sind dann vorrangig für Arbeiten im Mobile Office vorbehalten – sofern nicht besondere Umstände eine Präsenz im Büro einfordern oder eine Pandemie das Gegenteil gebietet.

 

Stirbt der Begriff „Büroalltag“ aus?

Keineswegs ist dieser Begriffstod zu erwarten. Allerdings wird dem Büroalltag in der Tendenz ein wenig das Alltägliche abhandenkommen. Wie alles, dessen Häufigkeit schwindet, verlangt der zukünftige Büroalltag höhere Aufmerksamkeit. Gerade um als Team gut zu interagieren, um den Strom an Wissen zwischen den Köpfen fließen zu lassen, um komplexe Workflows optimal zu designen, ist eine bewusste Gestaltung der Präsenzzeiten im Büro unverzichtbar. Denn wenn am Präsenztag ein Video-Meeting das nächste jagt, hat irgendwas in der Planung nicht funktioniert. Derartige Terminkaskaden – zu deren Effektivität mir mehr Fragen als Antworten einfallen – sollten an Tagen im Mobile Office vollzogen werden. Im Büro braucht es freie Blöcke. Denn nur dann können neue Teammitglieder schnell arbeitsfähig gemacht werden, können im spontanen Brainstorming Lösungen entstehen, von denen sich im virtuellen Meeting nur träumen lässt, können sich Gespräche zwischen Mitarbeitenden unterschiedlicher Geschäftsbereiche in der Kaffeeküche ergeben. Es versteht sich von selbst, dass Führungskräfte dies nicht ausschweifend erklären brauchen, sondern durch ihr Handeln prägnant vorleben.

 

Wieso, weshalb, warum?

Wann immer es um die Frage nach Präsenzzeiten geht, schleicht sich schnell das Wort „Regel“ in den Diskurs ein. Das überrascht kaum. Regeln, die eingehalten werden, versprechen schließlich Fairness und Transparenz. Damit ist zugleich das Problem beleuchtet: Wo „Regel“ in den Wald ruft, schallt „Kontrolle“ aus ihm heraus. Wenn man noch genauer ins Geäst hineinhört, echot leiser „Ausnahme“ hinterher. All diese Begriffe sind wichtig. Doch bitte übersehen Sie an dieser Stelle den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das oberste Gebot jeder Regel ist ihr Sinn, oder weniger emphatisch geschrieben: ihre Funktion und ihr Zweck. Dispute um Regeln resultieren häufig aus Missverständnissen über deren Zweck. Je klarer allen im Team der Sinn einer einzuführenden Regel ist, um so leichter fällt es, sich in den Regeln wiederzufinden, sie anzunehmen und einzuhalten. Das ist insbesondere dann bedeutsam, wenn besondere Umstände dazu führen, dass am Präsenztag nicht alle anwesend sein können. Welche Regeln für hybride Teammeetings folgen beispielsweise dann aus den allgemeinen Präsenzregeln? Doch das ist eine Frage, der wir uns ein anderes Mal zuwenden sollten.

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